Bushido vs. Arafat: Neun Millionen Euro

Berlin. Am 21. Dezember 2010 wollte Bushido in den Urlaub auf die Malediven fliegen. Gleichzeitig, so erzählt er, wollte sein Geschäftspartner einen Immobiliendeal ins Ziel bringen. „Wegen der Steuer musste er noch im gleichen Jahr abgeschlossen sein“, sagt Bushido. „Das war auch in meinem Interesse.“ Also brauchte Arafat Abou-Chaker, mit dem er zu dem Zeitpunkt seit sechs Jahren zusammenarbeitete, eine Vollmacht, genauer: eine Generalvollmacht. „Ich habe ihm vertraut“, sagt Bushido. „Außerdem saßen wir ja bei einem Notar und nicht in einer arabischen Teestube.“

Und wieder hat der Rapper Bushido, 41, für einen Moment die Lacher auf seiner Seite. Es ist der fünfte Verhandlungstag im Verfahren gegen den 44-jährigen Clanchef Arafat Abou-Chaker, mit dem der erfolgreiche Sänger über 14 Jahre lang zusammenarbeitete und der ihm nun als Angeklagter schräg gegenübersitzt. Mitangeklagt sind die drei Brüder Yasser, Rommel und Nasser, die 39, 42 und 49 Jahre alt sind. Nur der jüngste von ihnen sitzt derzeit in Untersuchungshaft. Die Anklage gegen die vier lautet auf versuchte schwere räuberische Erpressung, Freiheitsberaubung, Nötigung, Beleidigung – und Untreue.

Bushido: “Ich will kein Gangster sein”

Berlin. Nachbarschaftsstreit vor dem Landgericht Moabit: Am Mittwoch lernten die Zuhörer, dass die Freundschaft zwischen Bushido und Abou-Chaker wegen eines Zauns endete, der zwischen ihren Häusern in Kleinmachnow gebaut werden sollte. Im Sommer 2017 habe Bushido mit seiner Frau das Grundstück abtrennen wollen, Abou-Chaker war dagegen. Es ging um eine geplante Grillstelle, den Hund, der frei herumlaufen sollte, und Sichtschutz, weil seine Frau im Bikini am Pool sitzen wollte. Daran entzündete sich ein lauter Streit, bei dem Bushido zu seiner Frau hielt. Als der Clanchef zu Bushido sagte, er habe sich verändert, entgegnete Bushido: „Wann hast du mich eigentlich das letzte Mal angerufen, nur um zu wissen, wie es mir so geht?“

Seite Mitte August wird bereits im Landgericht Moabit darüber verhandelt, welche Beziehung Clanchef Arafat Abou-Chaker mit dem bekannten Rapper über 14 Jahre lang verband. Waren sie Freunde, Geschäftspartner oder war es eine „Zwangsehe“, wie es Bushido darstellt? Als Bushido diese Beziehung, die ihn seiner Aussage nach bis zu neun Millionen Euro gekostet habe, auflösen wollte, kam es laut der Anklage zu versuchter schwerer räuberischer Erpressung, zu Freiheitsberaubung, Nötigung, Beleidigung – und auch zu Fällen von Untreue. Mitangeklagt sind Arafats Brüder Yasser, Rommel und Nasser Abou-Chaker.

Der Prozess wurde in den vergangenen Wochen mehrfach unterbrochen, unter anderem weil die Mutter der Brüder an Covid-19 erkrankte und starb – und vor zwei Wochen wurde Bushido, Nebenkläger im Verfahren, selbst positiv auf Corona getestet. „Wir haben uns schon Sorgen gemacht“, sagt Richter Martin Mrosk nun, und Bushido entgegnet knapp: „Das glaube ich nicht.“ Er sei symptomfrei und fühle sich auch wieder fit. Im Gerichtssaal, der zu Beginn des Prozesses noch voll war und vor dessen Eingang damals Fans morgens um 6 Uhr anstanden, ist es am Mittwoch halbleer.

Erschienen in der Berliner Morgenpost, 12. 11. 2020