Ein Sohn sucht seine Mutter

Fabian, privat

Berlin. Als Fabian acht Jahre alt ist, rennt er durch den Garten seines Großvaters. Eigentlich ist er kein wildes Kind, aber es ist der 70. Geburtstag seines Großvaters, die ganze Familie ist gekommen, er ist aufgeregt. Plötzlich rennt er gegen eine Metallstange und verliert beide Schneidezähne. Er muss ins Krankenhaus. In der Notaufnahme hört er die Fragen der Krankenschwestern nach „Krankheiten in der Familie“. Er hört auch, wie seine Eltern diese Frage nicht beantworten können.

Dabei gibt es eigentlich wenig Geheimnisse in seiner Familie. Fabians Eltern haben ihm immer ganz offen gesagt, dass sie ihn adoptiert haben. Er hat zwei weitere Adoptivgeschwister, eine Schwester mit Down-Syndrom, einen Bruder, mit dem er sich als Kind oft prügelte, aber den er immer noch gern anruft. Sie waren eine glückliche Familie, sagt er heute.

Seine Eltern waren beide Lehrer, am Sonntag gingen sie mit den Kindern in die Kirche. Fabian wurde Messdiener, lernte Gitarre und Schlagzeug, die Mutter fuhr ihn zum Judo-Kurs und am Wochenende zu den Wettkämpfen. Fabian fährt gern dorthin, was er Zuhause nennt. Erst vor drei Wochen, zu Weihnachten, war er da, auch der Großvater kam, er ist jetzt 97 Jahre alt.

Aber da war immer etwas, über das nicht gesprochen wurde. So als ob es da ein anderes Leben gab, jenseits von seinem in Münster. Er beschreibt es nicht als brennendes Gefühl, das ihm den Schlaf raubte, eher wie einen abenteuerlichen Gedanken, der ihm immer kam, wenn er im Auto saß und die Landschaft vorbeirauschte. Er stellte sich dann Fragen: Warum wollte ihn seine Mutter nicht behalten? Er ist doch eigentlich ganz okay, so wie er ist, oder?